Lego für Erwachsene

Bauarbeiter:innen gehen in der Schweiz mit 60 Jahren finanziell gut abgesichert in Rente. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Im Kanton Bern gibt es einen Maurer, der mit 80 Jahren weiterhin mit viel Begeisterung seinem Handwerk nachgeht.

 

Auch 15 Jahre nach seiner offiziellen Pensionierung trifft man ihn an durchschnittlich drei Tagen in der Woche auf Berner Baustellen an. Nicht weil er muss, sondern aus purer Freude an der Arbeit. Seine Leidenschaft ist sofort spürbar, als wir uns auf der Autobahnraststätte Grauholz kennenlernen.

Gemeinsam blicken wir zurück auf seine Karriere. Nach Abschluss seiner Ausbildung wechselte er in einen Akkordbetrieb. Wegen eines Todesfalls hat er die Firma mit damals zwei Mitarbeitenden schliesslich bereits im Alter von 22 Jahren übernommen – eine Weiterbildung war dafür damals noch nicht erforderlich. Erst als das Unternehmen auf bis zu 45 Mitarbeitende anwuchs, stiess ein Kollege dazu, der sich verstärkt um die administrativen Aufgaben kümmerte.

Zumindest äusserlich wird das Restaurant Grauholz bis heute vom 1974 erstellten Sichtmauerwerk geprägt.

 

Eine lange und wie er erzählt, doch kurzweilige Zeit voller Highlights. Angefangen bei zahlreichen Begegnungen mit interessanten Persönlichkeiten, über anspruchsvolle Sonderwünsche bis hin zum Gebäude, in dem wir uns treffen. Das eindrucksvolle Sichtmauerwerk, welches das Restaurant Grauholz bis heute prägt, hat er 1974 erstellt. Immer wieder und überall begegnet er seinen Bauten: «Das ist das Schöne daran; man sieht heute noch etwas. Jemand, der im Büro arbeitet, hat das nicht.»

Während seiner 65 Jahre auf dem Bau hat sich einiges verändert. Vorschriften und Regulierungen haben ebenso zugenommen wie der Termindruck. Die für ihn so faszinierenden Sichtmauerwerke werden aus Kostengründen seltener gemacht als früher. Doch der Spass an seiner Arbeit bleibt ungebrochen. «Lego für Erwachsene» nennt er den Job. Dass ihn seine Tätigkeit körperlich und geistig fit hält, ist ein willkommener Zusatzeffekt.

Im Innenbereich der Raststätte ist die Arbeit grösstenteils dem Zeitgeist zum Opfer gefallen: Farbe und Verputz überdecken das einstige Kunstwerk.

 

Jungen Leuten rät er, eine Berufslehre zu machen und danach möglichst schnell eigene Erfahrungen zu sammeln. Geld allein sei dafür aber der falsche Motivator: «Wer Erfolg haben will, braucht Freude an der Sache.». Er vergleiche sich gerne mit einem Profifussballer: «So, wie der gerne Fussballspielen geht, gehe ich gerne Mauern.»

Über den Autor

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Berner Baumeisterverband

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